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Wildunfall: Wie verhält man sich richtig und wer zahlt den Wildschaden?

Auto-Werkstatt.de Team
Verfasst von Auto-Werkstatt.de Team
Zuletzt aktualisiert: 14. Juni 2022
Lesedauer: 8 Minuten
An 80 % der Wildunfälle ist ein Reh beteiligt. © frontpoint / istockphoto.com

Was zählt als Wildunfall?

Bei einem Wildunfall handelt es sich um einen Verkehrsunfall mit einem Wildtier, bei dem es zu einer Kollision oder zu Schäden als Folge eines Ausweichmanövers kommt. Als Wild zählen größere Wildtiere wie Füchse, Hirsche und Waschbären, die gejagt werden, während kleine Säugetiere und Nutztiere wie Igel und Schafe nicht dazugehören. Das richtige Verhalten bei einem Wildunfall ist sowohl für die Sicherheit der Beteiligten als auch für eine Entschädigung seitens der Autoversicherung wichtig.

Was tun bei einem Wildunfall?

Wenn Sie in einem Wildunfall verwickelt sind, gilt wie bei anderen Autounfällen zuerst, Ruhe zu bewahren und Panikreaktionen zu vermeiden. Weiterhin sollten Sie

  • die Unfallstelle mit Warndreieck absichern, Ihre Warnweste anziehen und das Warnblicklicht Ihres Fahrzeugs einschalten. Ist Ihr Auto noch fahrtüchtig, müssen Sie so schnell wie möglich es aus der Gefahrenzone entfernen.
  • eventuellen Verletzten mit Nothilfemaßnahmen im Rahmen Ihrer Fähigkeit helfen.
  • Rettungskräfte (110 oder 112) verständigen. Bei Fallwild oder verletzten Tieren melden Sie den Wildunfall auch beim zuständigen  Forstamt oder Jagdpächter, der nach dem Bundesjagdgesetz für das Gebiet zuständig ist.
  • Namen, Anschrift und Kennzeichen von allen Beteiligten und Zeugen aufnehmen.
  • den Unfallort fotografieren.
ACHTUNG!
Fassen Sie niemals verletzte Tiere an! Bei einem Biss können Wildtiere gefährliche Krankheiten wie Tollwut übertragen. UND: Laden Sie das Fallwild in ihren Kofferraum, erfüllen Sie den Tatbestand der Wilderei!

Bei einem Wildunfall mit dem Motorrad gelten die gleichen Regeln. Ist ein Motorradfahrer verletzt und nicht bei Bewusstsein, ist jedoch äußerste Vorsicht bei der Befreiung vom Helm angesagt, da die Wirbelsäule beim Vorgang verletzt werden könnte.

Muss man jeden Wildunfall melden?

Eine Meldepflicht gibt es bei Wildunfällen nicht, wenn kein Tier verletzt oder getötet wird. Bei einem nicht gemeldeten Wildunfall besteht aber keinen Anspruch auf eine Entschädigung seitens der Versicherung. Weist ihr Fahrzeug nur oberflächliche Kratzer auf, die Sie im Rahmen der Selbstbeteiligung ohnehin zahlen müssen, können Sie also theoretisch weiterfahren, ohne den Wildschaden zu melden. Kommt es jedoch zu einer Kollision mit dem Tier, ist der Anruf bei der Polizei bei einem Wildunfall in fast allen Bundesländern Pflicht. Das gleiche gilt natürlich, wenn ein zweites Auto in den Unfall verwickelt wurde.

Welche Bußgelder drohen bei Fahrerflucht nach einem Wildunfall?

Sie begehen nach einem Wildunfall keine Fahrerflucht, wenn Sie weiterfahren, da die Tiere nicht als Personen gelten; ausgenommen sind Unfälle, in die weitere Fahrzeuge verwickelt wurden. Auch der Tatbestand der Sachbeschädigung ist nicht erfüllt, weil bei Wild kein Besitzer ermittelt werden kann. Ist das Tier jedoch verletzt, verstoßen Sie gegen das Tierschutzgesetz. Lassen Sie ein verletztes Tier liegen, handelt es sich um Tierquälerei.

Wer zahlt bei einem Wildunfall?

Nicht immer werden alle Wildschäden von der Kfz-Versicherung übernommen. Deckt eine Vollkaskopolice nahezu alle Wildschäden, übernimmt eine Teilkaskoversicherung die Reparaturkosten nur unter bestimmten Voraussetzungen. Entscheidend dafür sind die Art des Wildunfalls, das beteiligte Tier und Ihr Versicherungsschutz. Fahren Sie regelmäßig durch ein Waldgebiet, lohnt es sich also genau, die Bedingungen Ihres Vertrags zu überprüfen.

Welche Versicherung zahlt bei einem Wildunfall?

Bei einem Wildunfall ist die Teilkasko- oder Vollkaskoversicherung für eventuelle Reparaturen an Ihrem Fahrzeug zuständig. Bei Schäden an Dritten, beispielsweise wenn Sie gegen ein anderes Auto prallen, um einem Reh auszuweichen, oder wenn Sie aus der Fahrbahn geraten und einen Zaun zerstören, sieht die Schadensregulierung die Beteiligung der Haftpflichtversicherung auch bei einem Wildunfall vor. Ist jemand anders mit Ihrem Wagen in einem Wildunfall verwickelt, übernimmt die Versicherung in der Regel trotzdem die Kosten. War der Fahrer jedoch nicht eingetragen, droht Ihnen eine Strafzahlung.

Wildunfall: Was zahlt die Versicherung?

Nachdem Sie den Wildunfall gemeldet haben, übernimmt Ihre Teil- oder Vollkaskoversicherung die Kosten für die Reparaturen an Ihrem Wagen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Ist ein Gutachter notwendig, trägt die Versicherung auch die Kosten dafür. Allerdings darf sie den Gutachter selber bestimmen. Bestehen Sie auf einen unabhängigen Gutachter, müssen Sie die Kosten selber tragen. Lehnt die Versicherung eine Erstattung ab, können Sie sich an einen Verkehrsanwalt wenden. Kommt es bei einem späteren Gerichtsverfahren und zu einem Urteil, das zu Ihren Gunsten fällt, muss Ihnen die Versicherung auch die Anwaltskosten erstatten. Sind Sie bei Ihrer Klage nicht erfolgreich, bleiben Sie dagegen auf der Rechnung sitzen. Aus diesem Grund sollten Sie sich über die Erfolgsaussichten beraten lassen, bevor Sie diesen Weg bestreiten.

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Wann zahlt die Versicherung bei Wildunfall?

Sind Sie mit Teilkasko versichert, bekommen Sie bei einem Wildschaden nur unter Umständen eine Erstattung. Die meisten Versicherer zahlen Reparaturen als Folge von Wildschäden nur bei einem Unfall mit Haarwild wie Wildschweinen, Füchsen, Hirschen, Hasen und Rehen. Streunende Katzen, Hühner und Braunbären zählen dagegen nicht als Wildtiere. Einige Versicherer springen jedoch auch bei Zusammenstößen mit Nutztieren wie Schafen und Kühen ein. Was Ihr Vertrag in diesem Fall vorsieht, überprüfen Sie am besten genau vor einem Vertragsabschluss. Darüber hinaus müssen das Ausweichen oder das Bremsen gerechtfertigt sein. Das ist nur bei großen Tieren der Fall, bei denen ein Zusammenstoß eine Gefahr bedeuten könnte. Bei Dachsen, Hasen oder Eichhörnchen gilt eine Vollbremsung als unverhältnismäßig, da keine gravierenden Schäden am Fahrzeug zu erwarten sind, wenn Sie die Tiere überfahren.

WUSSTEN SIE SCHON?
Damit Ihr Schaden als Wildunfall anerkannt wird, müssen sich sowohl das Fahrzeug als auch das Wild in Bewegung befinden. Wildschäden an einem parkenden Auto oder Unfälle, die durch das Umfahren von bereits toten Tieren verursacht werden, sind per Definition keine Wildunfälle.

Auch die Beweislage spielt eine große Rolle wenn es darum geht, eine Entschädigung zu bekommen. Gibt es ein verletztes oder totes Tier, bestehen diesbezüglich keine Schwierigkeiten. Kann das Wildtier dagegen entkommen, müssen Sie bei einer Ausweichmanöver und einer darauffolgenden Kollision nachweisen, dass es Ihre Fahrbahn gekreuzt hat. Sind keine Zeugen vorhanden, gestaltet sich das schwierig. Frische Spuren neben der Unfallstelle sind ein wichtiges Beweismaterial, das Sie unbedingt fotografieren sollten. Der zuständige Jäger oder der Grundstückbesitzer können Ihnen bei der Beweissuche helfen.

ACHTUNG:
Für die Reparaturen in Folge eines Wildschadens kommt die Versicherung bei grober Fahrlässigkeit Ihrerseits nicht oder nur teilweise auf. Sind Sie beim Unfall also eindeutig zu schnell unterwegs oder stehen Sie unter Alkoholeinfluss, müssen Sie unter Umständen die Kosten selbst tragen.

Bei einem Wildunfall mit Vollkasko sind Sie rundum abgesichert. Die Versicherung übernimmt in der Regel die Kosten für alle Reparaturen an Ihrem Wagen, die wegen des Wildschadens notwendig sind. Die Selbstbeteiligung bei einem Wildunfall ist im Vertrag geregelt und beträgt meist zwischen 150 und 500 Euro.

Wie meldet man einen Wildunfall der Versicherung?

Damit Ihre Versicherung bei einem Wildunfall zahlt, müssen Sie eine Wildunfallbescheinigung vorweisen, die Sie kostenlos von der Polizei bekommen. In diesem Formular werden alle wichtige Angaben festgehalten, darunter:

  • Datum, Uhrzeit und Ort des Unfalls
  • beteiligte Fahrzeuge
  • getötete oder verletzte Tiere
  • Zeugen
  • Schäden am Gelände

Eine Skizze des Unfalls ist vorteilhaft, damit die Versicherung den Hergang besser nachvollziehen kann. Der Jagdausübungsberechtigte kann auch die Wildunfallbescheinigung ausstellen und dafür eine Gebühr von maximal 15 Euro verlangen, die Ihnen von der Versicherung erstattet wird. Mit dem Bescheid sollten Sie den Wildunfall so schnell wie möglich bei Ihrer Versicherung melden. Einen Wildunfall nachträglich bei der Polizei zu melden ist insofern problematisch, weil die Wildunfallbescheinigung nur am Unfallort erstellt werden kann.

Wie kann man Wildunfälle vermeiden?

Wildunfälle zu vermeiden ist sehr schwierig, da die Tiere unvorhersehbar sind. Wenn Sie häufig nachts oder in der Morgen- beziehungsweise Abenddämmerung durch Waldgebiete fahren, sollten Sie immer mit Wildwechsel rechnen. Die wichtigste Maßnahme, um die Schäden zu minimieren, ist das Tempo zu drosseln. Sind Sie bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h noch in der Lage, innerhalb von 35 Metern Ihr Fahrzeug zum Stehen zu bringen, verlängert sich Ihr Bremsweg um mehr als das Zweifache bei 100 km/h. Gerade während der Brunftzeit im Sommer, wenn Wildtiere sich häufiger bewegen, fahren Sie am besten vorsichtig und beobachten die Waldränder aufmerksam.

Fazit

Wildunfälle gehören in Deutschland zum Alltag. Bei einem Wildtierunfall gilt zunächst, den Unfallort abzusichern, die Polizei zu verständigen und Beweise zu sichern. Wer bei einem Wildschaden zahlt, hängt von Ihrem Versicherungsschutz ab. Erstattet die Teilkaskoversicherung den Wildschaden an Ihrem Fahrzeug nur unter bestimmten Voraussetzungen, übernimmt eine Vollkaskopolice die Kosten fast immer vollständig. Die Bedingung dafür ist in beiden Fällen, dass der Wildunfall der Versicherung rechtzeitig gemeldet wird. Die Frist, um einen Wildschaden zu melden, beträgt eine Woche. Für eine Meldung benötigen Sie eine Wildunfallbescheinigung, die ein Jagdausübungsberechtigter ausstellt. Wenn Sie wegen eines Wildschadens auf der Suche nach einem Gutachter oder einer Reparaturwerkstatt sind, finden Sie auf dieser Seite Kontaktdaten von Fachbetrieben in Ihrer Nähe.

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