Bremsflüssigkeit, ein entscheidendes Element jedes Fahrzeugs, stellt sicher, dass Ihre Bremsen reaktionsfähig bleiben und unter verschiedensten Bedingungen funktionieren. In diesem Artikel erfahren Sie, was diese unverzichtbare Flüssigkeit ausmacht, warum sie nicht „nur eine Flüssigkeit“ ist, und wie sie die Sicherheit und Leistungsfähigkeit Ihres Fahrzeugs maßgeblich beeinflusst.
Definition
Bremsflüssigkeit, auch als hydraulische Flüssigkeit bekannt, ist eine entscheidende Komponente des Bremssystems eines Fahrzeugs, das die kraftübertragende Flüssigkeit zwischen Bremspedal, Hauptbremszylinder, Bremsleitungen und den Bremszylindern oder Bremssätteln an den Rädern ist. Ihre Hauptfunktion besteht darin, die vom Fahrer auf das Bremspedal ausgeübte mechanische Kraft in hydraulischen Druck umzuwandeln, der dann die Bremsbeläge oder -klötze gegen die Bremsscheiben oder -trommeln presst und so das Fahrzeug verlangsamt oder zum Stillstand bringt.
Die Effizienz der Bremsflüssigkeit beruht auf bestimmten Eigenschaften:
- Kompressibilität: Bremsflüssigkeit muss nahezu inkompressibel sein, um die Kraft effektiv und unmittelbar vom Bremspedal zu den Rädern zu übertragen, was eine präzise Steuerung der Bremskraft ermöglicht.
- Hoher Siedepunkt: Während des Bremsvorgangs entsteht durch die Reibung der Bremsbeläge erhebliche Wärme. Bremsflüssigkeit muss einen hohen Siedepunkt haben, um Dampfblasenbildung zu vermeiden, was zu einem Verlust der Bremsfähigkeit führen könnte (oft bezeichnet als „Dampfblasenbildung“).
- Niedriger Gefrierpunkt: Sie muss auch bei extrem niedrigen Temperaturen flüssig bleiben, um die Funktionalität des Bremssystems unter verschiedenen Witterungsbedingungen zu gewährleisten.
- Chemische Stabilität: Bremsflüssigkeit muss chemisch stabil sein und darf die Materialien, mit denen sie in Kontakt kommt, nicht zersetzen oder angreifen. Dies beinhaltet die Verträglichkeit mit Dichtungen, Schläuchen und Metallkomponenten im Bremssystem.
- Hygroskopische Eigenschaften: Viele Bremsflüssigkeiten sind hygroskopisch, d.h., sie ziehen Wasser aus der Umgebung an. Obwohl dies das Risiko von Eisbildung in den Leitungen bei niedrigen Temperaturen reduziert, kann der absorbierte Wassergehalt den Siedepunkt der Flüssigkeit herabsetzen und Korrosion im Bremssystem verursachen. Daher ist eine regelmäßige Überprüfung und Austausch der Bremsflüssigkeit entscheidend.
Der Zustand der Bremsflüssigkeit sollte regelmäßig überprüft werden, da Verunreinigungen und Alterung die Leistung beeinträchtigen können. Ein Austauschintervall wird typischerweise vom Fahrzeughersteller vorgegeben und sollte zur Sicherheit und Aufrechterhaltung der Bremsleistung befolgt werden.
Welche Arten von Bremsflüssigkeit gibt es?
Bremsflüssigkeiten werden anhand ihrer chemischen Zusammensetzung und Leistungsspezifikationen in verschiedene Typen eingeteilt, am häufigsten DOT 3, DOT 4, DOT 5 und DOT 5.1. Diese Klassifikationen, die vom US-amerikanischen Department of Transportation (DOT) festgelegt werden, geben u.a. den Siedepunkt und die Viskosität der Flüssigkeit an.
- DOT 3: Dies ist eine auf Glykol-Ether basierende Bremsflüssigkeit, die häufig in Pkw und leichten Nutzfahrzeugen verwendet wird. Sie hat einen Siedepunkt von mindestens 205 Grad Celsius (401 Grad Fahrenheit) und einen Nass-Siedepunkt (der Punkt, an dem die Flüssigkeit siedet, wenn sie Wasser aufgenommen hat) von 140 Grad Celsius (284 Grad Fahrenheit). DOT 3 nimmt leicht Wasser auf, was den Siedepunkt senkt und das Korrosionsrisiko erhöht, daher muss sie regelmäßig gewechselt werden.
- DOT 4: Auch eine auf Glykol-Ether basierende Flüssigkeit, aber mit Zusätzen, die einen höheren Siedepunkt ermöglichen, nämlich mindestens 230 Grad Celsius (446 Grad Fahrenheit) und einen Nass-Siedepunkt von 155 Grad Celsius (311 Grad Fahrenheit). Sie wird häufig in Fahrzeugen verwendet, die unter anspruchsvolleren Bedingungen arbeiten oder eine höhere Bremsleistung erfordern, wie z. B. Sportwagen oder Nutzfahrzeuge.
- DOT 5: Dies ist eine auf Silikon basierende Flüssigkeit und unterscheidet sich chemisch deutlich von DOT 3 und DOT 4. Sie hat einen Siedepunkt von mindestens 260 Grad Celsius (500 Grad Fahrenheit) und nimmt kein Wasser auf, was die Bildung von Rost im Bremssystem reduziert. DOT 5 wird häufig in Militärfahrzeugen und in Autos verwendet, die längere Zeit gelagert werden, da sie weniger hygroskopisch ist. Sie ist jedoch nicht immer kompatibel mit bestimmten Bremssystemtypen und darf nicht mit DOT 3 oder DOT 4 gemischt werden.
- DOT 5.1: Trotz der Namensähnlichkeit mit DOT 5 basiert DOT 5.1 auf Glykol-Ether und ist chemisch mehr mit DOT 3 und DOT 4 verwandt. Sie hat ähnliche Siedepunkte wie DOT 5, ist aber mit DOT 3 und DOT 4 Flüssigkeiten mischbar. Diese Flüssigkeit wird häufig in Hochleistungsfahrzeugen oder Fahrzeugen mit ABS (Anti-Blockier-System) verwendet, da sie schnellere Reaktionszeiten bietet.
Es ist wichtig, nur die für ein bestimmtes Fahrzeug spezifizierte Bremsflüssigkeit zu verwenden, da eine falsche Flüssigkeit das Bremssystem beschädigen, die Bremsleistung beeinträchtigen und letztendlich zu einem gefährlichen Bremsversagen führen kann. Auch sollte beachtet werden, dass trotz ihrer Kompatibilität ein Mischen von verschiedenen Typen (außer DOT 5) vermieden werden sollte, da dies die Leistungseigenschaften beeinträchtigen kann, insbesondere den Siedepunkt.
Klassifizierung nach Norm ISO 4925
Die ISO 4925-Norm legt die Anforderungen für Bremsflüssigkeiten fest, die in den hydraulischen Bremssystemen von Straßenfahrzeugen verwendet werden. Die Norm klassifiziert Bremsflüssigkeiten in vier Klassen, hauptsächlich basierend auf ihrem Siedepunkt.
| Klasse | Basis | Trockener Siedepunkt (Minimum) | Nasser Siedepunkt (Minimum) | Hauptanwendungen |
|---|---|---|---|---|
| Klasse 1 | Glykol oder Borat | 205°C (401°F) | 140°C (284°F) | Leichte Fahrzeuge, ältere oder klassische Modelle |
| Klasse 2 | Glykol oder Borat | 230°C (446°F) | 155°C (311°F) | Standard-PKWs, leichte Nutzfahrzeuge |
| Klasse 3 | Glykol oder Borat | 250°C (482°F) | 180°C (356°F) | Hochleistungs-PKWs, Nutzfahrzeuge, Sportfahrzeuge |
| Klasse 4 | Glykol oder Borat | 260°C (500°F) | 190°C (374°F) | Hochleistungs- und Rennfahrzeuge, schwere Nutzfahrzeuge |
- Der trockene Siedepunkt bezieht sich auf die Temperatur, bei der die Bremsflüssigkeit zu kochen beginnt, ohne dass Wasser vorhanden ist.
- Der nasse Siedepunkt bezieht sich auf den Siedepunkt der Bremsflüssigkeit, nachdem sie Wasser absorbiert hat (typischerweise nach zwei Jahren der Nutzung), und ist immer niedriger als der trockene Siedepunkt.
- Alle Klassen können auf Glykol- oder Boratesterbasis hergestellt sein. Es ist wichtig zu beachten, dass, obwohl die Klassen unterschiedliche Mindestsiedepunkte haben, die spezifischen Siedepunkte von Produkt zu Produkt variieren können.
- Die Auswahl der richtigen Klasse hängt vom spezifischen Fahrzeug und seinen Betriebsbedingungen ab. Es ist immer am besten, die Empfehlungen des Fahrzeugherstellers zu befolgen.
Welche Funktion hat Bremsflüssigkeit?
Bremsflüssigkeit spielt eine zentrale Rolle im hydraulischen Bremssystem eines Fahrzeugs. Ihre Hauptfunktionen sind:
- Kraftübertragung: Wenn das Bremspedal betätigt wird, überträgt die Bremsflüssigkeit die entstehende mechanische Kraft vom Bremspedal über den Hauptbremszylinder zu den Bremszylindern an den Rädern. Da Flüssigkeiten praktisch nicht komprimierbar sind, ermöglicht die Bremsflüssigkeit eine effektive Kraftübertragung durch das gesamte Bremssystem, was die Bremsbeläge oder -klötze gegen die Bremsscheibe oder -trommel drückt und so das Fahrzeug verlangsamt oder stoppt.
- Erhaltung des Drucks: Bremsflüssigkeit muss einen konstanten Druck im hydraulischen System aufrechterhalten, um jederzeit eine zuverlässige Bremsreaktion zu gewährleisten. Jeglicher Verlust an Flüssigkeitsdruck kann zu einem Versagen des Bremssystems führen.
- Temperaturtoleranz: Bremsvorgänge erzeugen erhebliche Wärmemengen. Bremsflüssigkeit muss hohe Temperaturen ohne Kochen tolerieren können, da die Dampfblasen, die durch das Kochen der Flüssigkeit entstehen, komprimierbar sind und das Bremssystem ineffektiv machen würden (bekannt als „Dampfblasenbildung“).
- Korrosionsschutz: Da Bremsflüssigkeiten hygroskopisch sind (d.h., sie absorbieren Wasser), helfen sie, das Risiko der Eisbildung in den Bremsleitungen bei kaltem Wetter zu minimieren. Allerdings kann das aufgenommene Wasser den Siedepunkt der Flüssigkeit senken und Korrosion verursachen, was die Notwendigkeit eines regelmäßigen Austauschs der Bremsflüssigkeit unterstreicht.
- Schmierung: Die Bremsflüssigkeit wirkt auch als Schmiermittel für alle beweglichen Teile des Bremssystems, was den Verschleiß der Komponenten reduziert und ihre Lebensdauer verlängert.
Was ist Hygroskopie in Bezug auf Bremsflüssigkeiten?
Hygroskopie ist die Eigenschaft eines Stoffes, Feuchtigkeit aus seiner Umgebung zu absorbieren, und in Bezug auf Bremsflüssigkeiten ist diese Eigenschaft besonders relevant. Die meisten Bremsflüssigkeiten, die in Fahrzeugen verwendet werden, insbesondere die Typen DOT 3, DOT 4 und DOT 5.1, sind hygroskopisch, das heißt, sie ziehen aktiv Wasser aus der Umgebung an und binden es.
Die hygroskopische Natur von Bremsflüssigkeiten hat sowohl Vor- als auch Nachteile:
Vorteile
Das Hauptziel der Verwendung hygroskopischer Bremsflüssigkeiten ist die Vermeidung von Wasseransammlungen innerhalb des Bremssystems. Indem die Bremsflüssigkeit Wasser absorbiert, verhindert sie, dass sich freies Wasser an Punkten im Bremssystem ansammelt, was zu Korrosion, Rost und bei niedrigen Temperaturen möglicherweise zur Eisbildung in den Bremsleitungen führen könnte.
Nachteile
Über die Zeit hinweg kann die aufgenommene Feuchtigkeit die Effizienz der Bremsflüssigkeit erheblich beeinträchtigen. Einer der wichtigsten Faktoren hierbei ist die Herabsetzung des Siedepunktes der Flüssigkeit. Ein niedrigerer Siedepunkt erhöht das Risiko der Dampfblasenbildung, besonders bei starker Beanspruchung der Bremsen, was zu einem sogenannten „Dampfblasenschlag“ führt – einem Zustand, bei dem das Bremspedal durchgetreten werden kann, ohne dass ein ausreichender Bremsdruck aufgebaut wird. Dies kann zu einem erheblichen Verlust der Bremsleistung bis hin zum totalen Bremsversagen führen. Außerdem kann das absorbierte Wasser über lange Zeiträume Korrosion und Rost an den Metallteilen des Bremssystems verursachen.
Aus diesen Gründen ist es unerlässlich, die Bremsflüssigkeit in regelmäßigen Abständen zu wechseln, wie vom Fahrzeughersteller empfohlen. Der Austauschintervall hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Bremsflüssigkeitstyp, den Fahrbedingungen, der Klimazone und der Fahrzeugnutzung, aber ein allgemeiner Richtwert ist alle zwei Jahre oder nach einer bestimmten Kilometerleistung.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu Bremsflüssigkeiten
Wie oft sollte ich die Bremsflüssigkeit in meinem Fahrzeug wechseln?
Die allgemeine Empfehlung ist, die Bremsflüssigkeit alle zwei Jahre oder nach einer bestimmten Kilometerleistung zu wechseln, je nachdem, was zuerst eintritt. Da Bremsflüssigkeit hygroskopisch ist und Wasser aus der Atmosphäre aufnimmt, kann ihre Leistungsfähigkeit mit der Zeit nachlassen. Überprüfen Sie das Benutzerhandbuch Ihres Fahrzeugs oder wenden Sie sich an den Hersteller, um spezifische Empfehlungen für Ihr Fahrzeugmodell zu erhalten.
Woran erkenne ich, dass meine Bremsflüssigkeit gewechselt werden muss?
Zeichen, dass die Bremsflüssigkeit gewechselt werden muss, sind unter anderem ein weiches oder schwammiges Bremspedal, verminderte Bremsleistung, das Aufleuchten der Warnleuchte für das Bremssystem oder eine dunkle, trübe Flüssigkeit. Ein regelmäßiger Check durch einen Fachmann ist ebenfalls empfehlenswert, da dieser den Wasseranteil in der Flüssigkeit prüfen kann.
Kann ich Bremsflüssigkeit selbst wechseln oder sollte ich einen Fachmann aufsuchen?
Obwohl es möglich ist, Bremsflüssigkeit selbst zu wechseln, wenn man über die notwendigen Kenntnisse und Werkzeuge verfügt, wird es oft empfohlen, diesen Service einem Fachmann anzuvertrauen. Der Prozess erfordert Präzision und das falsche Entlüften des Systems kann Luft im Bremssystem hinterlassen, was zu einem Bremsversagen führen kann.
Ist es normal, Bremsflüssigkeit nachzufüllen?
Während geringfügiger Verlust von Bremsflüssigkeit über lange Zeiträume normal sein kann, sollte ein deutlich sichtbarer Rückgang des Flüssigkeitsstands ernst genommen werden, da dies auf Leckagen hinweisen könnte. Bremsflüssigkeit ist ein geschlossenes System, und signifikante Verluste sind ein Zeichen für Probleme, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern.
Ist abgelaufene Bremsflüssigkeit sicher zu verwenden?
Nein, abgelaufene Bremsflüssigkeit sollte nicht verwendet werden. Mit der Zeit kann Bremsflüssigkeit Wasser absorbieren und ihre chemische Zusammensetzung kann sich verändern, was die Wirksamkeit und Sicherheit beeinträchtigt. Verwenden Sie immer frische Bremsflüssigkeit, die den Spezifikationen des Fahrzeugherstellers entspricht.
Sind Bremsflüssigkeiten umweltgefährlich?
Ja, Bremsflüssigkeiten sind chemische Verbindungen, die, wenn sie in die Umwelt gelangen, schädlich sein können. Sie sollten niemals in den Boden, das Abwassersystem oder natürliche Gewässer gelangen. Alte Bremsflüssigkeit sollte in einer Werkstatt oder einer geeigneten Recyclingeinrichtung entsorgt werden.
Wie finde ich heraus, welche Bremsflüssigkeit ich brauche?
Die spezifische Art der Bremsflüssigkeit, die Ihr Fahrzeug benötigt, ist in der Regel im Benutzerhandbuch Ihres Fahrzeugs angegeben. Falls Sie keinen Zugriff auf das Handbuch haben, können oft auch Informationen auf dem Behälter für die Bremsflüssigkeit im Motorraum gefunden werden. Diese Angaben folgen bestimmten Spezifikationen (wie DOT 3, DOT 4, DOT 5, DOT 5.1), die den Typ der Bremsflüssigkeit kennzeichnen. Wenn Sie immer noch unsicher sind, ist es ratsam, sich an eine Werkstatt oder den Fahrzeughersteller direkt zu wenden. Es ist sehr wichtig, den richtigen Typ von Bremsflüssigkeit zu verwenden, da eine falsche Flüssigkeit das Bremssystem beschädigen und zu einem Ausfall führen kann.
Weiterführende Informationen
Literatur
- Bert Breuer, Karlheinz H. Bill, Bremsenhandbuch: Grundlagen, Komponenten, Systeme, Fahrdynamik, 2004
- Uwe J. Möller & Jamil Nassar, Technische Regelwerke für Schmierstoffe, 2002
Online Publikationen
- TÜV Süd – Vincenzo Lucà, Bremsflüssigkeit regelmäßig kontrollieren und tauschen, 2021, https://www.tuvsud.com/de-de/presse-und-medien/2021/oktober/bremsfluessigkeit-regelmaessig-kontrollieren-und-tauschen
- Bremsflüssigkeit nachfüllen
- Bremsflüssigkeit wechseln Kosten