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Was sind Fahrerassistenzsysteme?

Simone Blaß
Verfasst von Simone Blaß
Zuletzt aktualisiert: 05. Dezember 2023
Lesedauer: 9 Minuten
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Fahrerassistenzsysteme revolutionieren die Art und Weise, wie wir Autofahren erleben. Von erhöhter Sicherheit bis hin zu verbessertem Komfort bieten diese innovativen Technologien eine Fülle von Vorteilen. In diesem Artikel erfahren Sie, was diese Systeme ausmacht, wie sie funktionieren und welche Chancen und Herausforderungen sie mit sich bringen.

Definition

Fahrerassistenzsysteme (FAS) sind elektronische Systeme in Kraftfahrzeugen, die den Fahrer während der Fahrt unterstützen, um die Sicherheit, den Komfort und die Effizienz der Fahrt zu erhöhen. Diese Systeme nutzen eine Vielzahl von Sensoren, Kameras, Radar- und Lidartechnologien, um Informationen über die Umgebung des Fahrzeugs zu sammeln und in Echtzeit zu verarbeiten. Basierend auf diesen Daten können die Assistenzsysteme den Fahrer vor potenziellen Gefahren warnen, in bestimmten Situationen automatisch eingreifen oder den Fahrer bei bestimmten Aufgaben entlasten.

Wie funktionieren Fahrerassistenzsysteme?

Fahrerassistenzsysteme (FAS) nutzen eine Kombination aus Hardware- und Softwarekomponenten, um dem Fahrer bei der Fahrzeugführung zu assistieren. Ihre Funktionsweise kann je nach System variieren, aber hier ist eine allgemeine Übersicht darüber, wie diese Systeme typischerweise arbeiten:

Sensoren und Detektoren

FAS setzen auf eine Vielzahl von Sensoren, um Daten über die Umgebung des Fahrzeugs zu sammeln. Zu den gängigsten Sensoren gehören:

  • Kameras: Sie erfassen visuelle Daten und können z.B. Fahrzeugspuren, Verkehrszeichen oder andere Verkehrsteilnehmer erkennen.
  • Radarsensoren: Sie messen Entfernungen zu anderen Objekten und deren Geschwindigkeit.
  • Ultraschallsensoren: Häufig verwendet für Einparkhilfen, da sie nahegelegene Objekte erkennen können.
  • Lidar (Light Detection and Ranging): Ähnlich wie Radar, aber nutzt Lichtwellen anstelle von Radiowellen.

Datenverarbeitung

Die von den Sensoren erfassten Daten werden an eine zentrale Verarbeitungseinheit weitergeleitet. Diese verwendet Algorithmen und Software, um die Daten zu analysieren und Entscheidungen basierend auf den gesammelten Informationen zu treffen.

Aktuatoren

Basierend auf den Entscheidungen der Verarbeitungseinheit können physische Aktionen im Fahrzeug ausgelöst werden. Aktuatoren können das Bremsen, das Lenken oder das Beschleunigen des Fahrzeugs beeinflussen.

Feedback und Benachrichtigungen

Die meisten FAS informieren den Fahrer über potenzielle Gefahren oder andere relevante Informationen. Dies kann durch visuelle Anzeigen, akustische Signale oder sogar haptisches Feedback (z.B. Vibrationen im Lenkrad) geschehen.

Welche Fahrerassistenzsysteme gibt es?

Fahrassistenzsystem Abkürzung
Adaptive Abstands- und GeschwindigkeitsregelungACC
Adaptive Lenkung (Aktivlenkung)
Adaptives Fahrwerk
Adaptives Fernlicht
Adaptives Kurvenlicht
Anhänger-Rückfahr-Assistent / Trailer Assist
AntiblockiersystemABS
Antriebsschlupfregelung ASR
Ausparkassistent
Ausstiegsassistent
Automatische UnfallmeldungeCall
Baustellenassistent (Construction Zone Assist)
BerganfahrassistentHill Holder
Bremsassistent (Notbremsassistent)BAS
Dynamic Steering ResponseDSTC
Einparkhilfe
ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm)ESP
Fahrzeugerkennung
Fernlichtassistent
Fußgängererkennung
Geschwindigkeitslimit-AssistentVerkehrszeichenerkennung
Heck-Pre-Crash-Assistent
Intelligent Brake AssistentIBA
KreuzungsassistentCross Traffic Alert
Kurvenbremsassistent
Lichtquellenerkennung
Linksabbiegeassistent
Manövrierbremsassistent
MüdigkeitserkennungDSA
NachtsichtassistentNVA
Park- und Garagenassistent (Ein-/Ausparkassistent)PA
Sprachsteuerung
Spurhalteassistent / SpurverlassenswarnungLKA
Stauassistent
Tempomat
Totwinkelassistent (Spurwechselassistent)BSM oder BLIS
Traktionskontrolle

Welche FAS sind Pflicht?

Einige der in der EU verpflichtenden Fahrerassistenzsysteme für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sind:

  1. Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP): Hilft, das Fahrzeug in kritischen Fahrsituationen zu stabilisieren und ein Schleudern zu verhindern.
  2. Notbremssystem (AEB – Automatic Emergency Braking): Dieses System kann drohende Kollisionen mit anderen Fahrzeugen oder Verkehrsteilnehmern erkennen und automatisch eine Notbremsung einleiten, wenn der Fahrer nicht rechtzeitig reagiert.
  3. Spurhalteassistent: Warnt den Fahrer oder greift korrigierend ein, wenn das Fahrzeug die Fahrspur ohne Blinkerbetätigung verlässt.
  4. Reifendruckkontrollsystem (RDKS): Überwacht kontinuierlich den Reifendruck und informiert den Fahrer über einen zu niedrigen Druck.
  5. Event Data Recorder (EDR): Ein „Unfalldatenspeicher“, der bestimmte Daten in den Sekunden vor und nach einem Unfall aufzeichnet, ähnlich einer „Black Box“ in Flugzeugen.
  6. ISOFIX-Kindersitzbefestigungssystem: Ein standardisiertes System zur sicheren Befestigung von Kindersitzen im Fahrzeug.
  7. Tagfahrlicht: Beleuchtung, die automatisch eingeschaltet wird, wenn das Fahrzeug gestartet wird, um die Sichtbarkeit des Fahrzeugs tagsüber zu erhöhen.
  8. eCall (Notrufsystem): Ein System, das bei einem schweren Unfall automatisch den Notruf 112 anruft und wichtige Daten wie den Standort des Fahrzeugs übermittelt.
  9. Rückfahrkamera oder -sensoren (für Lkw und Busse): Um die Sicherheit beim Rückwärtsfahren zu erhöhen.
HINWEIS
Es ist wichtig zu betonen, dass einige dieser Systeme nur für bestimmte Fahrzeugklassen oder unter bestimmten Bedingungen verpflichtend sind. Außerdem werden mit der Zeit wahrscheinlich weitere Systeme hinzukommen, da die Technologie fortschreitet und neue Regelungen eingeführt werden.

Welche Risiken entstehen bei der Nutzung von Fahrerassistenzsystemen?

Die Nutzung von Fahrerassistenzsystemen (FAS) bringt viele Vorteile mit sich, insbesondere in Bezug auf die Erhöhung der Sicherheit und den Komfort beim Fahren. Allerdings gibt es auch potenzielle Risiken, die berücksichtigt werden sollten:

  • Übermäßiges Vertrauen: Ein häufiges Problem ist, dass Fahrer den Assistenzsystemen zu sehr vertrauen und ihre eigene Aufmerksamkeit und Wachsamkeit reduzieren. Selbst wenn die Systeme gut funktionieren, sind sie nicht unfehlbar und können in bestimmten Situationen versagen.
  • Missverständnis der Funktion: Nicht alle Fahrer verstehen die genauen Funktionen und Grenzen ihrer FAS vollständig. Dies kann zu gefährlichen Situationen führen, wenn der Fahrer annimmt, dass das System in einer bestimmten Situation eingreifen wird, es dies aber nicht tut.
  • Technisches Versagen: Wie bei jeder Technologie können auch FAS aufgrund von Defekten, Softwareproblemen oder anderen technischen Schwierigkeiten versagen.
  • Fehlalarme: Manchmal können Sensoren fälschlicherweise Hindernisse erkennen, die nicht existieren, oder sie könnten echte Gefahren übersehen. Fehlalarme können den Fahrer verwirren oder zu unerwarteten Reaktionen führen.
  • Ablenkung: Manche Benachrichtigungen oder Bedienungselemente der Assistenzsysteme könnten den Fahrer ablenken, insbesondere wenn sie komplex oder schwer verständlich sind.
  • Reduzierte Fahrfähigkeiten: Wenn Fahrer sich zu sehr auf Assistenzsysteme verlassen, könnten ihre eigenen Fahrfähigkeiten mit der Zeit abnehmen, da sie bestimmte Aufgaben nicht mehr regelmäßig ausüben.
  • Sensorverschmutzung: Sensoren können durch Schmutz, Schnee, Eis oder andere Verunreinigungen beeinträchtigt werden, was ihre Funktion einschränken kann.
  • Nicht standardisierte Bedienung: Da Fahrzeughersteller ihre eigenen Systeme und Bedienungskonzepte entwickeln, können sich die FAS von Marke zu Marke deutlich unterscheiden. Dies kann für Fahrer, die verschiedene Fahrzeuge fahren, Verwirrung stiften.
  • Rechtliche Grauzonen: Bei Unfällen, bei denen FAS aktiv waren, kann es rechtliche Unsicherheiten darüber geben, wer die Verantwortung trägt – der Fahrer, der Fahrzeughersteller oder der Softwareentwickler.
  • Cybersicherheitsrisiken: Wie andere moderne Fahrzeugtechnologien können auch FAS Angriffsziele für Hacker darstellen, was zu potenziellen Sicherheitsbedrohungen führt.

Können Fahrerassistenzsysteme nachgerüstet werden?

Ja, viele Fahrerassistenzsysteme können nachträglich in Fahrzeugen installiert werden, die ursprünglich nicht damit ausgestattet waren. Allerdings variiert der Umfang der Nachrüstung je nach System und Fahrzeug. Hier sind einige der häufiger nachgerüsteten Systeme und einige Punkte, die bei der Nachrüstung zu beachten sind:

Rückfahrkamera

Dies ist eines der am häufigsten nachgerüsteten Systeme. Die Installation ist relativ einfach, da sie in der Regel nur die Montage der Kamera, das Verlegen einiger Kabel und die Installation eines Displays erfordert.

Einparkhilfe

Ultraschallsensoren können in die Stoßstangen eingebaut werden, um den Fahrer beim Einparken durch akustische Signale zu unterstützen.

Totwinkelassistent

Einige Nachrüstsysteme nutzen kleine Kameras oder Radarsensoren, die an den Seiten des Fahrzeugs montiert werden, um den Totwinkel zu überwachen.

Dashcams

Diese Kameras, die normalerweise an der Windschutzscheibe montiert sind, zeichnen kontinuierlich die Fahrt auf und können bei einem Unfall nützliche Informationen liefern.

Notbremssysteme

Diese sind komplexer zu installieren, da sie oft in die Bremssysteme des Fahrzeugs integriert werden müssen. In der Regel ist es schwieriger, diese nachzurüsten, und sie sind bei Nachrüstungen seltener.

Spurhalteassistent

Ähnlich wie Notbremssysteme sind diese komplex und in der Regel schwieriger nachzurüsten.

Zu beachten bei der Nachrüstung von Fahrerassistenzsystemen:

  • Kompatibilität: Nicht alle Systeme sind mit allen Fahrzeugmodellen kompatibel. Vor der Nachrüstung sollte geprüft werden, ob das gewünschte System für das spezifische Fahrzeugmodell geeignet ist.
  • Qualität: Es gibt eine breite Palette von Nachrüstprodukten auf dem Markt, von hochwertigen bis zu weniger zuverlässigen. Es ist wichtig, gründliche Recherchen durchzuführen und Produkte von anerkannten Herstellern zu wählen.
  • Installation: Einige Systeme können von technisch versierten Autobesitzern selbst installiert werden, während andere die Installation durch Fachleute erfordern. Es ist wichtig, die Anweisungen genau zu befolgen und bei Unsicherheiten einen Experten zu Rate zu ziehen.
  • Regulierung und Zulassung: In einigen Ländern oder Regionen gibt es Vorschriften bezüglich der Nachrüstung von Fahrerassistenzsystemen. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die nachgerüsteten Systeme den lokalen Standards und Vorschriften entsprechen.
  • Kosten: Während einige Nachrüstlösungen kostengünstig sein können, können andere, insbesondere die komplexeren Systeme, erhebliche Kosten verursachen.


Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu Fahrerassistenzsystemen

Was ist der Unterschied zwischen einem aktiven und einem passiven Assistenzsystem?

Aktive Assistenzsysteme greifen direkt in das Fahrgeschehen ein, indem sie beispielsweise das Fahrzeug bremsen oder lenken. Passive Systeme hingegen warnen den Fahrer nur vor potenziellen Gefahren, ohne selbstständig einzugreifen.

Können Fahrerassistenzsysteme komplett das Fahren übernehmen?

Nein, derzeitige Fahrerassistenzsysteme sind dazu entwickelt, den Fahrer zu unterstützen, nicht ihn komplett zu ersetzen. Auch fortschrittliche Systeme erfordern immer noch, dass der Fahrer aufmerksam bleibt und jederzeit bereit ist, die Kontrolle zu übernehmen.

Funktionieren Fahrerassistenzsysteme bei schlechtem Wetter?

Während viele Systeme auch bei schlechtem Wetter funktionieren, kann ihre Effektivität durch Regen, Schnee, Nebel oder Eis beeinträchtigt werden. Es ist wichtig, dass der Fahrer die Systeme in solchen Situationen mit Vorsicht verwendet und stets aufmerksam bleibt.

Kann ich die Assistenzsysteme in meinem Fahrzeug deaktivieren?

Ja, die meisten Assistenzsysteme können über die Fahrzeugeinstellungen oder spezielle Schalter deaktiviert werden. Es ist jedoch ratsam, die Systeme für maximale Sicherheit aktiviert zu lassen.

Wie werden die Sensoren von Fahrerassistenzsystemen gereinigt?

Sensoren können mit einem weichen Tuch und Wasser gereinigt werden. Es sollte vermieden werden, aggressive Reinigungsmittel zu verwenden, da diese die Sensoren beschädigen könnten.

Muss ich mein Fahrzeug regelmäßig aktualisieren, um von den neuesten Funktionen der Assistenzsysteme zu profitieren?

Ja, viele Fahrzeughersteller bieten Softwareupdates für ihre Systeme an. Diese Updates können neue Funktionen hinzufügen, bestehende Funktionen verbessern oder bekannte Probleme beheben. Es ist ratsam, regelmäßige Updates durchzuführen.

Beeinflussen Fahrerassistenzsysteme den Kraftstoffverbrauch meines Fahrzeugs?

In den meisten Fällen ist der Einfluss von Fahrerassistenzsystemen auf den Kraftstoffverbrauch minimal. Einige Systeme, die aktiv in das Fahrgeschehen eingreifen (z.B. adaptive Geschwindigkeitsregelanlagen), können jedoch je nach Fahrweise und Verkehrssituation den Kraftstoffverbrauch geringfügig beeinflussen.



Weiterführende Informationen

Literatur

  1. Konrad Reif, Fahrstabilisierungssysteme und Fahrerassistenzsysteme – Bosch Fachinformation Automobil, Springer 2010
  2. Konrad Reif, Automobilelektronik Seite 321–367 – Fahrerassistenzsysteme, Springer Vieweg 2014

Online Publikationen

  1. Alexander Weitzel, Hermann Winner, Cao Peng, Sebastian Geyer, Felix Lotz, Mohsen Sefati – Absicherungsstrategien für Fahrerassistenzsysteme mit Umfeldwahrnehmung – Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, bast 2015, https://bast.opus.hbz-nrw.de/opus45-bast/frontdoor/deliver/index/docId/794/file/F98b.pdf
  2. ABS Steuergerät defekt: Ursachen, Reparatur & Kosten

Über unsere*n Autor*in
Simone Blaß
Simone studierte Germanistik, Psychologie und Soziologie und absolvierte danach ein Volontariat bei einem lokalen Fernsehsender. Nach Zwischenstationen beim Radio und in einer PR-Agentur arbeitete sie viele Jahre als freiberufliche Redakteurin für Online-Portale und Agenturen.